Spezialkommission Klimaschutz legt 90 Vorschläge für ambitionierten Klimaschutz vor

Nach 20 Monaten intensiver Arbeit hat die Spezialkommission Klimaschutz des Grossen Rates heute ihren Schlussbericht präsentiert. In einem umfassenden Bericht legt sie 90 Vorschläge für ein ambitioniertes Massnahmenprogramm zur Weiterentwicklung des kantonalen Klimaschutzes vor. Der Schlussbericht wird in der Dezember-Sitzung des Grossen Rates zusammen mit 13 konkreten Vorstössen behandelt werden.

Angestossen durch grössere Kundgebungen im November und Dezember 2018 hat der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt im Februar 2019 den Klimanotstand ausgerufen und anschliessend eine Vielzahl von politischen Vorstössen zum Thema behandelt. Im November 2019 setzte der Grosse Rat eine 13-köpfige Spezialkommission Klimaschutz ein. Er beauftragte diese Spezialkommission mit der Überprüfung der bisherigen Klimapolitik des Kantons und der Erarbeitung von Massnahmen und Anträgen an den Grossen Rat zur Verbesserung des Klimaschutzes. Sämtliche Massnahmen und Empfehlungen der Spezialkommission sollen auf dem Anfang 2019 publizierten Klimaschutzbericht des Regierungsrates basieren.

Ausführliche Analyse führt zu 90 Vorschlägen zu acht Grundsätzen

Die Spezialkommission widmete sich der komplexen Thematik rund um den kantonalen Beitrag zum Klimaschutz in 37 Sitzungen zwischen Februar 2019 und November 2021 und lud zur Meinungsbildung eine Vielfalt relevanter Personen und Interessensgruppen aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft ein.

Ausgehend von einer ausführlichen Analyse bewertete die Spezialkommission die bestehenden Massnahmen zum Klimaschutz im Kanton Basel-Stadt und identifizierte im Anschluss weitere Handlungsmöglichkeiten, welche parteiübergreifend getragen werden können. In diesem Sinne schlägt die Spezialkommission mit insgesamt 13 gefassten Vorstössen, 19 Forderungen und 58 Empfehlungen ein ambitioniertes Massnahmenprogramm zur Weiterentwicklung des kantonalen Klimaschutzes vor. Die Vorstösse beziehen sich ebenso auf übergeordnete strategische und organisatorische Fragen wie auf konkrete Projekte der kantonalen Verwaltung, der ihr angegliederten Organisationen sowie privater Akteure. Sämtliche Vorstösse, Forderungen und Empfehlungen lassen sich in acht Grundsätzen zusammenfassen:

  • Regulierung klimafreundlich gestalten
  • Den Kanton als Klimaschutz-Vorreiter positionieren
  • Bessere Grundlagen für die Klimapolitik schaffen
  • Die richtigen Anreize setzen
  • Mit Innovation den Klimaschutz vorantreiben
  • Mit der Wirtschaft zusammenarbeiten
  • In den Klimaschutz investieren
  • Das Bewusstsein für Klimaschutz stärken

Die Bewertung und Erarbeitung der 90 vorgeschlagenen Massnahmen erfolgte nach dem Konsensprinzip. Ein Ziel der Kommission war, die groben Züge der aktuellen mehrheitsfähigen Basler Klimapolitik herauszuarbeiten; und damit bestenfalls auch den Boden zu legen für rascheres Handeln in Parlament und Regierung. Haltungen, Ideen oder Forderungen, die keine deutliche Kommissionsmehrheit erhielten, wurden nicht weiterverfolgt. Daher gibt es auch keine Mehrheits- und Minderheitspositionen im Bericht.

Klimaschutzbericht weist vielerlei Ergänzungsbedarf auf

Die Kommission sieht im Klimabericht des Regierungsrats eine Grundlage, die aber den aktuellen Ansprüchen und Zielen nicht genügen kann und Ergänzungen bedarf. Der Kanton Basel-Stadt nimmt eine schweizweite Vorreiterrolle ein, vor allem im Bereich Energie. Dennoch fehlen aus Sicht der Kommission langfristige Visionen, strategische Wegleitungen sowie konkrete Meilensteine und Massnahmen zur Zielerreichung. Zu wichtigen klimarelevanten Themen wie dem Flugverkehr äussert sich der Klimaschutzbericht gar nicht. Zudem sei das Potenzial besonders in den beiden Bereichen Gebäude und Infrastruktur sowie Konsum und Finanzen noch gross und nicht ausgeschöpft. Zuletzt könne der Kanton Basel-Stadt in seiner Vorbildrolle weitere Handlungsmöglichkeiten wahrnehmen und damit bestehende wirtschaftliche und gesellschaftliche Stärken ausbauen.

Kommission legt breiten Mix an konkreten Forderungen vor

Die 90 von der Kommission vorgeschlagenen Massnahmen decken eine grosse Bandbreite von Themenbereichen ab. Die Kommission legt einen breiten Mix von Vorschlägen vor, die sowohl die öffentliche Hand als auch Private und die Wirtschaft betreffen. In einem heute publizierten Video (siehe Link am Ende der Mitteilung) hebt sie beispielhaft vier Forderungen hervor:

Ersatz aller fossil betriebener Heizungen bis 2035: Das aktuell geltende Energiegesetz sieht vor, dass fossil betriebene Heizungen nur noch mit Ausnahmebewilligung neu eingebaut werden können. Die Kommission will den dadurch angetriebenen Umbau im Heizungsbereich rascher vorantreiben. Sämtliche fossil betrieben Heizungen auf dem gesamten Kantonsgebiet sollen deshalb bis spätestens 2035 ersetzt werden. Um finanzielle Belastungen für die Hauseigentümerinnen und -eigentümer und in der Folge für Mietende zu verhindern, sollen diese eine Restwertentschädigung erhalten.

Vorbildrolle des Kantons bei Liegenschaften: Die Kommission sieht den Kanton aufgrund seines umfassenden Immobilienportfolios in einer entsprechenden Verantwortung. Er soll deshalb eine Vorbildrolle bei Immobilieninvestitionen der Verwaltung, der IBS, der BVB, der IWB, der PKBS und bei den öffentlichen Spitälern in Bezug auf energetische Sanierungen, Abrissvermeidung, graue Energie, nachhaltige Baustoffe (u.a. regionales Holz), Kreislaufwirtschaft und bewusstes Raumprogramm einnehmen.

Ausbau der Energieberatung für Unternehmen: Die Kommission hat festgestellt, dass sich zu viele Unternehmen noch nicht an Energieberatungen beteiligen, obwohl sich dabei häufig mit wenig Aufwand eine relativ starke Effizienzsteigerung erzielen liesse. In Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsverbänden soll deshalb überprüft werden, wie mehr KMU vom Nutzen von Energieberatungen überzeugt werden können.

Pilotprojekt-Klausel für mehr klimafreundliche Innovation: Die Kommission nimmt erfreut zur Kenntnis, dass im Bereich des Klimaschutzes sehr viele neue Lösungen entwickelt werden. Es fehlt aber teilweise noch an der Möglichkeit, diese in der Praxis zu erproben. Dem liegen unter anderem auch regulatorische Einschränkungen zugrunde. Mit einer «Pilotprojekt-Klausel» soll der Kanton zum Sparring Partner für noch nicht vollends etablierte Technologien werden. Damit kann er Forschung und Industrie die Möglichkeit bieten, Forschungsergebnisse in der Praxis anzuwenden, zu testen und damit weiterzuentwickeln. So soll klimafreundliche Innovation gefördert werden.

Kommissionbericht legt Grundstein für künftige Klimapolitik des Kantons

Die Beobachtung und Bewertung des Klimaschutzes im Kanton ist mit der Berichterstattung der Spezialkommission keinesfalls abgeschlossen. Bericht und Vorstosspaket geben aber eine Übersicht über die aktuell vorhandene Einigkeit wie auch Diskrepanzen und damit über die politischen Spielräume im Parlament, welche auch künftig für neue Massnahmen genutzt werden können. Die Spezialkommission hat dafür einen wichtigen Grundstein gelegt.

Mitglieder der Spezialkommission:

Aktuell (Legislatur 2017-2021)

Beda Baumgartner, SP (Thomas Gander, SP)

Alexandra Dill, SP

Raoul I. Furlano, LDP

Andrea-Elisabeth Knellwolf, Mitte-EVP

Lisa Mathys, SP

Thomas Müry, LDP

Jean-Luc Perret, SP

Beat K. Schaller, SVP

David Trachsel, SVP (Joël Thüring, SVP)

Luca Urgese, FDP

Jo Vergeat, GAB

David Wüest-Rudin, GLP (Toya Krummenacher, SP)

Tonja Zürcher, GAB

Hinweise:

Bericht:

Schlussbericht der Spezialkommission Klimaschutz des Grossen Rats des Kantons Basel-Stadt

Video:

Video der Spezialkommission Klimaschutz: www.grosserrat.bs.ch

Zum Download (42 MB):

https://grosserrat.bs.ch/images/videos/spezko-klima-20211115-720p.mp4

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