PUK Biozentrum legt ihren Schlussbericht zum Neubauprojekt Biozentrum vor

Die grossrätliche PUK Biozentrum kommt in ihrem Bericht zum Schluss, dass die Hauptursachen für die mehrjährigen Verzögerungen und die Mehrkosten von gegen 100 Mio. Schweizer Franken eine ungenügende Planung und eine ungenügende Wahrnehmung der Aufsichts- und Sorgfaltspflichten der verantwortlichen Gremien waren. Zudem ist noch ungelöst, wer die Mehrkosten tragen wird.

Die Parlamentarische Untersuchungskommission Biozentrum (PUK Biozentrum) legt in ihrem Bericht die «Projektphasen» und die «Rollen, Kompetenzen und Entscheidungsprozesse» dar. In diesen beiden Untersuchungsbereichen formuliert die PUK Biozentrum 95 differenzierte Feststellungen sowie 56 Empfehlungen und kommt zu folgenden Hauptschlussfolgerungen:

  • Wesentliche Ursachen für die Verzögerungen und die Mehrkosten des Projekts Neubau Biozentrum waren
     
  • eine ungenügende Planung zu Beginn des Projekts durch die Bauherrschaft, die die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft im Auftrag der Universität Basel ausführten. Diese stellte die Kommission u. a. an zu wenig präziser Definition von Eckwerten und Vorgaben des Projekts oder auch an ungenügendem Risiko- sowie Qualitätsmanagement fest.
     
  • eine ungenügende Wahrnehmung der Aufsichts- und Sorgfaltspflichten der verantwortlichen Gremien während der gesamten Planungs- und Bauphase. Insbesondere der Lenkungsausschuss, bestehend aus Mitgliedern der beiden Regierungen und der Universität, pflegten einen nachlässigen Umgang mit Informations-, aber auch Kontrollrechten und -pflichten, und kamen in Krisensituationen ihrer Verantwortung mangelhaft nach.
     
  • Die von den beiden Regierungen dem Universitätsrat abgerungene Finanzierungslösung zur Abwicklung der Mehrkosten widerspricht dem Universitätsvertrag und dem Grossratsbeschluss zum Biozentrum und hat eine ungenügende rechtliche Grundlage.

PUK fordert Nachtragskredit

Aktuell ist rechtlich unklar, wer die Mehrkosten abschliessend tragen wird. Die PUK Biozentrum fordert, dass die Vorfinanzierung rückabgewickelt wird, die Mehrkosten von den Kantonen hälftig getragen und die dafür notwendigen Parlamentsbeschlüsse eingeholt werden.

Keine Aussage zu rechtlichen Fragen

Die PUK Biozentrum hat gemäss ihrem Auftrag kein justiziables Verfahren, sondern eine parlamentarische Untersuchung durchgeführt. Sie schliesst aber aufgrund ihrer Untersuchungen mögliche widerrechtliche Handlungen nicht aus. Entsprechend überlässt sie es den zuständigen Organen und der Justiz, nach Kenntnisnahme des Berichts der PUK Biozentrum über die Aufnahme von Zivil-, Administrativ- oder Strafverfahren zu entscheiden.

Die PUK Biozentrum beantragt dem Grossen Rat einstimmig, ihren Bericht zu genehmigen sowie die darin gemachten Feststellungen und Empfehlungen in zustimmender Weise zur Kenntnis zu nehmen.

130'000 Dokumente in 5600 Stunden

Der Grosse Rat hatte die Geschäftsprüfungskommission (GPK) am 15. Januar 2020 mit den Befugnissen einer PUK ausgestattet, um die Ursachen und Zusammenhänge der massiven Kostenüberschreitungen und Verzögerungen beim Neubau des Biozentrums, die Verantwortlichkeiten und Kompetenzen sowie Abläufe und Kontrolle im Rahmen der Umsetzung des Projekts zu untersuchen.

Im Rahmen der Untersuchung befasste sich die PUK Biozentrum in über 5600 Arbeitsstunden mit über 130'000 zur Verfügung gestellten Dokumenten und führte 37 Hearings mit involvierten Personen sowie mit Experten und Expertinnen durch. Darauf basierend prüfte die Kommission verschiedene Annahmen und Fragestellungen. Die Betroffenen und die im Bericht vorkommenden Personen erhielten nach Abschluss der Untersuchung in einem ersten Schritt die Möglichkeit, zu den Erkenntnissen der PUK Biozentrum Stellung zu nehmen und Anträge zu stellen. Im Anschluss wurden die Eingaben von der Kommission geprüft und der Bericht im Lichte dieser Eingaben nochmals überarbeitet. Die definitive Fassung des Berichts wurde sodann den Betroffenen und den im Bericht vorkommenden Personen nochmals mit der Möglichkeit unterbreitet, schriftlich oder mündlich Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahmen werden mit diesem Bericht zusammen publiziert.

Regierungsrat Basel-Stadt nicht an Wahrheitsfindung interessiert

Die PUK Biozentrum ist irritiert über die mangelnde Kooperationsbereitschaft des Regierungsrats Basel-Stadt. Regierungsratsmitglieder hatten an Hearings der PUK Biozentrum die Gelegenheit, den Sachverhalt aufzuklären. Die Phase des rechtlichen Gehörs mit einer erneuten Gelegenheit für eine mündliche oder schriftliche Stellungnahme wurde nicht genutzt, um mögliche Fehler im Berichtsentwurf vor Publikation aufzuklären. Dies, obwohl die PUK Biozentrum das rechtliche Gehör gemäss §81 in ihrem Zwischenbericht Anfang Juni angekündigt hatte. Schliesslich hat der Regierungsrat auch auf eine Stellungnahme zum Bericht verzichtet.

Besonders irritierend ist dies, weil der Lenkungsausschuss bereits an seiner Sitzung vom 22. März 2022 dem Vorschlag eines baselstädtischen Regierungsrats zustimmte, eine mögliche Reaktion auf den PUK-Bericht «an der Regierungssitzung der beiden Kantone zu besprechen, […] einen Kommunikationsstab zu bilden […] und Ferienabwesenheiten der RRs [sic!] im Sommer zu berücksichtigen.»

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