Kantonaler Richtplan Basel-Stadt: Erlass der „Anpassung 2012“

Der Regierungsrat hat die „Anpassung 2012“ des kantonalen Richtplans Basel Stadt erlassen. Damit sind die Änderungen für die Behörden des Kantons Basel-Stadt verbindlich. Für den Bund und die Nachbarkantone werden sie verbindlich, sobald sie vom Bundesrat genehmigt sind. Im Vordergrund stehen die Hafen- und Stadtentwicklung sowie die Entwicklung des motorisierten Individualverkehrs.

In der Vorprüfung durch den Bund wurde die „Anpassung 2012“ gut aufgenommen. Hauptsächlich thematisiert wurden sowohl beim Bund als auch im Mitwirkungsverfahren (52 Stellungnahmen) die raumplanerisch und städtebaulich grosse Herausforderung der Hafen- und Stadtentwicklung sowie die Entwicklung des motorisierten Individualverkehrs (MIV). Mit der Nachbearbeitung aufgrund der Bundesvorgaben und mit diversen Korrekturen infolge des Mitwirkungsverfahrens ist der Richtplan aktualisiert worden.

Mit der „Anpassung 2012“ wird der zunehmenden Dynamik des sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Wandels Rechnung getragen, welche Auswirkungen auf die Verkehrsplanung, auf die Nutzung des Bodens und auf die Umwelt zeitigt. Der Regierungsrat setzt die „Siedlungsentwicklung nach innen“ konsequent weiter um (Schaffen von Wohn- und Arbeitsraum, Wahrung und Steigerung der Wohnqualität, nachhaltige Verkehrsentwicklung).

Hafen- und Stadtentwicklung
Die angestrebte Entwicklung des Hafengebiets umfasst im Kern sowohl die Entwicklung der Hafenanlage als trimodale Logistikdrehscheibe als auch die Transformation der rheinseitigen Hafenareale zu einem attraktiven Stadtquartier am Wasser. Vorrangiges Ziel ist es, den Bedürfnissen der Hafenwirtschaft zu entsprechen; dabei gilt es, die wachsenden Güterverkehrsströme zu bewältigen und das Strassennetz, die Quartiere und die Umwelt so wenig wie möglich zu belasten.

Zuerst ist der Bau eines Güterumschlagsterminals Schiene-Schiene und Schiene-Strasse vorgesehen, dann soll durch die Erstellung des Hafenbeckens 3 die Trimodalität des Terminals erreicht werden. Gleichzeitig soll als Voraussetzung für die Transformation der rheinseitigen Areale die Verlagerung des Hafenbahnhofs eingeleitet werden. Erst nach der Realisierung der Hafenentwicklung kann das bedeutende städtebauliche Potenzial ausgeschöpft werden.

Die Hafenentwicklung und -erweiterung ist ein gemeinsames Projekt des Kantons und der Schweizerischen Rheinhäfen (SRH). Der trimodale Umschlagterminal wird durch die SRH und die SBB Cargo umgesetzt. Die Entscheide zum Terminal sind zwischen Bund und Kanton zu koordinieren. Die nationale Terminalstrategie ergab, dass der Standort hohe Akzeptanz geniesst.

Mobilitätsstrategie
Der Kanton will die Belastung durch den MIV senken. Die Siedlungsentwicklung nach innen ist ein Beitrag dazu. Aufgrund des in einer Volksabstimmung angenommenen Gegenvorschlags zur sogenannten „Städteinitiative“ besteht ein Auftrag zur Reduktion der Verkehrsleistung des MIV ausserhalb von Autobahnen von 2010 bis 2020 um 10%. Der Kanton hat gleichzeitig ein absolutes Interesse, die Autobahnen funktionsfähig zu halten. Die bisher ergriffenen Massnahmen reichen nicht aus, um die Reduktion zu erreichen; das Ziel kann nur mit den Nachbarkantonen und dem Bund erreicht werden. Längerfristig wird das Verkehrsaufkommen auf Stadtstrassen entscheidend von den flankierenden Massnahmen zu einem allfälligen Ausbau der Hochleistungsstrassen sowie vom Ausbau der Regio-S-Bahn abhängen. Ein Verkehrspolitisches Leitbild soll die Umsetzung befördern.

Die Modifikationen der Richtplanvorgaben im Bereich Mobilität riefen die erwarteten Reaktionen hervor. Gemäss den Verbänden, die den Fuss-, Velo- und den öffentlichen Verkehr vertreten, müsste der Richtplan noch eindeutiger auf eine konsequente Verlagerung vom MIV auf den ÖV sowie auf den Fuss- und Veloverkehr abzielen. Jene Verbände, die den MIV vertreten, finden, die Kapazitätsengpässe im Hochleistungsnetz dürften den Pendler-, Zubringer-, Liefer- und Besucherverkehr auf keinen Fall behindern. Behinderungen des ÖV durch den MIV (oder umgekehrt) sei mit Entflechtungsmassnahmen entgegenzuwirken; ausserdem sei den Kapazitätsengpässen mit Ausbaumassnahmen zu begegnen.

Bereits beim Erlass des gesamtrevidierten Richtplans 2009 verdeutlichte der Regierungsrat, dass in Basel wie in allen Städten vielfältige Nutzungen auf engstem Raum möglich sein müssen. Der flächenintensive MIV kann nicht die Rolle spielen, die ihm einzelne Interessensverbände geben wollen. Andererseits liegt der gezielte, punktuelle Ausbau des Strassennetzes im Interesse der Erreichbarkeit und der Wohnqualität.

Siedlungsentwicklung
Am 3. März 2013 nahm das eidg. Stimmvolk die Revision des Raumplanungsgesetzes mit 62.9% Ja-Stimmen an. Damit kann der Zersiedelung, dem Landverschleiss und der Bodenspekulation besser begegnet werden. Basel-Stadt hat zum Ergebnis deutlich beigetragen (78.1% Ja-Stimmen). Unser Kanton kann die Erfordernisse betreffend Siedlungsentwicklung nach innen bereits heute und wohl auch auf längere Zeit hin erfüllen.

Im Mitwirkungsverfahren zum kantonalen Richtplan wird bei einzelnen Organisationen der Vorwurf erhoben, der Kanton trage zur Zersiedlung bei, indem er an den Siedlungsgebietserweiterungen festhalte, obschon diese gegenüber 2009 deutlich verringert sind. Weiter wird beklagt, dass die Frei- und Grünraumsituation sich nicht verbessere. Der Sorge um die Siedlungsqualität im Zuge weiterer Verdichtung wird mit dem Richtplan in Form der „urbanen Qualitätsmaximierung“ begegnet, einer Kombination verschiedener Entwicklungsansätze (neues Siedlungsgebiet, neue Wohnbauzonen, Mobilisierung der Nutzungsreserven, Arealentwicklungen, punktuelles Wachstum in die Höhe). Dass die Bereitstellung von Raum für Wohnen und Arbeiten sozialverträglich und mit Blick auf günstige Preise erfolgen soll, ist unter Einbezug weiterer Kreise (z.B. der Wohnbaugenossenschaften) zu unterstützen.

Vertikale Verdichtung
Die vertikale Verdichtung als Idee wird überwiegend begrüsst, doch müsse sie im Richtplan örtlich festgelegt werden. Das Vorhaben zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass der anvisierte zusätzliche Wohn- und Arbeitsraum nicht systematisch, sondern bei sich bietenden Gelegenheiten in geeigneten Gebieten mit qualitätssichernden Bebauungsplan-Verfahren herbeigeführt werden soll. Von einer starren Festlegung, die einer städtebaulich durchgeformten Stadtgestalt verpflichtet wäre, wird abgesehen.

Schwerpunktgebiet Gundeldingen
Es wird dargelegt, dass die räumliche Entwicklung des Gundeldinger-Quartiers von kantonaler Bedeutung ist. Dieses Bekenntnis steht in Zusammenhang mit den im Legislaturplan 2013-2017 formulierten Zielen unter Schwerpunkt «Urbane Standortqualität». Mit dem Erlass zur „Anpassung 2012“ hob der Regierungsrat den Quartierrichtplan Gundeldingen von 1986 auf; er verpflichtete sich gleichzeitig, innert fünf Jahren einen Stadtteilrichtplan Gundeldingen zu erlassen.

Natur- und Landschaftsschutz
Die Naturschutzorganisationen mahnen die notwendige Verstärkung des Natur- und Landschaftsschutzes deutlich an. Es gibt darunter Forderungen ohne gesetzliche Grundlage wie z. B. die gänzliche Übernahme des Naturschutzinventars. Der Besorgnis, dass die Siedlungsentwicklung die Naturwerte und Singularitäten, die Grün-, Landschafts- und Freiräume bedrohe, wird im Richtplan aus Sicht des Regierungsrates stufengerecht Rechnung getragen.

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